Politik-Schweiz-Plattform
  Gewaltentrennung
 

 Die Gewaltentrennung





 
Sobald eine grössere Zahl von Menschen sich als Staat organisiert, treten fast zwangsläufig zwei Probleme auf: Korruption und Willkür.

Die Erfolgsgeschichte der Demokratie in Europa zeigt - gerade auch im vergleich mit anderen politischen Systemen, dass die Demokratie für diese beiden Problembereiche besonders wirksame Regelmechanismen bereit hält. Die breite Diskussion und Abstützung von politischen Entscheidungen und die Möglichkeit, Autoritätspersonen aus ihren Ämter zu entfernen. Dies wird um so deutlicher, wenn man einige häufig gegen die Demokratie vorgebrachte Kritikpunkte bedenkt: Oft wird der Demokratie vorgeworfen, sie begünstige das Mittelmass, statt den besten Ideen zum Durchbruch zu verhelfen und es gehe viel zu lange, bis Entscheide gefällt werden könnten. Beide Punkte wird man - isoliert für sich betrachtet - kaum ernsthaft bestreiten können. Weshalb ist die Demokratie trotzdem ein Erfolg?

Das Problem der Korruption existiert an sich in allen Kulturen der Erde und es ist auch nicht an eine bestimmte soziale Schicht gebunden. Fast alle Menschen erliegen dieser Versuchung, wenn sie einerseits ein Amt ausüben, das Macht und Einfluss verleiht und andererseits nicht mit Strafe für den Missbrauch staatlicher Macht und die Veruntreuung des Volksvermögens zu rechnen brauchen: Macht korrumpiert. Wenn Unterschiede zwischen den Kulturen auszumachen sind, dann hauptsächlich bei den gesetzlichen Massnahmen und Mitteln gegen die Korruption und bei deren Anwendung.

Die entscheidenden theoretischen Überlegungen zur Kontrolle der Macht gehen auf den englischen Philosophen John Locke und den Franzosen Charles de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu (1689 - 1755) zurück. In seinen 1721 anonym (ohne Nennung seines Namens) veröffentlichten "Persischen Briefen" kritisierte Montesquieu die Zustände im absolutistisch regierten Frankreich scharf und entwickelte John Lockes Idee der Gewaltenteilung im Staat weiter. Dieses Prinzip unterscheidet drei staatliche Gewalten und ist in allen modernen Staatsverfassungen ganz wichtig:

Legislative [gesetzgebende Gewalt]:
Parlament, gewählte Vertretung des Volkes
Exekutive [ausführende Gewalt]:
Regierung und Verwaltung
Judikative [richterliche Gewalt]
Gerichte
Legislative, Exekutive und Judikative sollen sich gegenseitig kontrollieren, damit nicht einzelne Personen oder Gruppen zu mächtig werden und sich selbst Vorteile verschaffen, statt dem Gemeinwohl zu dienen.

Darauf, wie genau die gegenseitige Kontrolle der drei staatlichen Gewalten funktionieren soll, hat Montesquieu noch keine abschliessende Antwort geben können. Seither wurde das Prinzip der Gewaltentrennung in vielen Varianten ausprobiert. Dabei hat es sich gezeigt, dass die Details letzlich nicht entscheidend sind. Viel wichtiger ist, dass eine grosse Mehrheit der Bevölkerung das Prinzip der Gewaltenteilung anerkennt und sich traut, sich gegen Willkür von Beamten und Korruption zu wehren. Das allerdings setzt voraus, dass ein Bürger, der sich wehrt, dafür nicht bestraft wird.

In der Praxis kommt es somit darauf an, dass Parlament, Regierung, Beamte (insbesondere Polizisten) und Richter voneinander unabhängig sind und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf jeder Ebene angemessen vertreten sind. Nur so ist - unabhängig von den Details der Kontrollmechanismen - gewährleistet, dass die Beschwerde eines ungerecht behandelten Bürgers vor Gericht auch anerkannt wird. Umgekehrt ist es gefährlich, wenn die staatlichen Ämter fast ausschliesslich von Anghörigen einer ethnischen oder religiösen Mehrheit besetzt werden und die Minderheiten nicht angemessen vertreten sind.

Ob die Gewaltenteilung in einem Staat funktioniert zeigt sich denn auch recht zuverlässig daran, wie Angehörige von ethnischen oder religiösen Minderheiten von den staatlichen Stellen behandelt werden. Werden sie von den Behörden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit benachteiligt und haben sie vor Gericht selbst bei offensichtlichen Verstössen der Staatsorgane gegen das Gesetz keine Chance, ihr Recht zu erhalten, dann funktioniert die Gewaltentrennung nicht sauber.

Die west- und mitteleuropäischen Staaten haben sich deshalb im Europarat zusammen geschlossen und freiwillig dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unterstellt. Der Gerichtshof kann von den EinwohnerInnen aller Mitgliedsstaaten angerufen werden, wenn sie sich von den Behörden ihres Landes in ihren grundlegenden Menschenrechten verletzt fühlen.

Unter Gewaltenteilung versteht man die Dreiteilung der Staatsgewalt bzw. der Staatsfunktionen auf mehrere Träger. Zweck der Gewaltenteilung ist die Beschränkung und Kontrolle der staatlichen Macht, um so staatliche Willkür, den Missbrauch und übermässige Ausdehnung der Macht auf Kosten der Freiheit des Einzelnen und der Gesellschaft zu verhindern.
Die Gewaltenteilung ist für moderne Demokratien eine unverzichtbare Voraussetzung. So bildet sie auch ein organisatorisches Grundprinzip der schweizerischen Demokratie, auch wenn sie in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich festgehalten ist.

Um den Zweck der Gewaltenteilung zu erfüllen, stellt das klassische Verständnis der Gewaltenteilung, respektive das damit begründete Gewaltentrennungsdogma drei Forderungen:
Organisatorische Gewaltenteilung: Sie verlangt, dass die drei Staatsfunktionen (Rechtsetzung, Verwaltung (Rechtsvollzug und Justiz) auf drei verschiedene, voneinander unabhängige Organe übertragen werden. Jedes der drei Organe hat sich dabei auf die Ausübung seiner zugewiesenen Funktion zu beschränken und soll sich somit nicht in die anderen zwei Funktionen einmischen.
In der Schweiz ist die organisatorische Gewaltenteilung zwar nicht explizit in der Bundesverfassung festgehalten, aber sie liegt als stillschweigende Voraussetzung dem System der Bundesverfassung und der Ausgestaltung der Bundesorganisation zugrunde. Konkret drückt sich die organisatorische Gewaltenteilung in der Schweiz folgender massen aus:
Legislative: Die Rechtsetzung liegt bei der Bundesversammlung.
Exekutive: Die Verwaltung (Rechtsvollzug) wird vom Bundesrat mit Hilfe der Bundesverwaltungsbehörden ausgeübt.
Judikative: Die Justiz ist dem Bundesgericht anvertraut.
Personelle Gewaltenteilung: Sie verlangt, dass eine Person gleichzeitig nur einem der drei Organe (Exekutive, Legislative, Judikative) angehören darf. So darf beispielsweise ein Richter nicht gleichzeitig dem Bundesrat angehören.
Gegenseitige Gewaltenhemmung: Damit das Gleichgewicht der drei Gewalten gewährleistet ist, braucht es zwischen den drei Organen gewisse Kontrollmechanismen, die unter bestimmten Umständen zulassen, dass eine Gewalt in den Aufgabenbereich einer anderen Gewalt eingreift.
In der Schweiz gibt es verschiedene solcher Kontrollmechanismen, doch ist eine wirkliche gegenseitige Gewaltenhemmung nicht gegeben. Denn die Bundesversammlung besitzt bedeutende Kontrollrechte gegenüber dem Bundesrat (Exekutive) und dem Bundesgericht (Judikative), doch die Bundesversammlung selber kann weder durch den Bundesrat noch durch das Bundesgericht in ihrer Tätigkeit gehemmt werden.
Beispiele für Kontrollmechanismen der Bundesversammlung sind die Oberaufsicht des Parlamentes gegenüber dem Bundesrat, der Bundesverwaltung und dem Bundesgericht, und die Wahl der Bundesräte und Bundesrichter.



 
   
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden